Nachdenken
Prüfet aber alles, und das Gute behaltet. (1. Thess 5, 21, LU17)
Dazu fordert uns Paulus in seinem ersten Brief an die Thessalonicher auf. Am Beginn der Schöpfungszeit passt dieser Text sehr gut: eine Aufforderung, auf unseren Alltag zu schauen und mithilfe dieses Kalenders Routinen des eigenen Lebens kritisch anzuschauen. Uns wird als Menschen ein eigenständiges Urteil zugetraut oder vielleicht sogar zugemutet. Denn oft ist es gar nicht so leicht, das Gute klar zu sehen.
Wie gehen wir mit der Schöpfung um? Es gibt hier sicher viel „Gutes“, das wir behalten wollen. Aber wir machen auch vieles, das unserer Umwelt, unseren Mitmenschen, ja uns selbst schadet.
„Prüfet alles“, ruft uns Paulus zu, und schon stehen wir vor einer riesigen Herausforderung: Unser Leben ist so komplex, wie sollen wir, wie soll ich da alles prüfen? Mir fehlen doch der Sachverstand und die Zeit! Und oft stehen meine Bedürfnisse im Widerspruch zueinander.
In der Schöpfungsgeschichte wird berichtet, wie der Erschaffer seine Schöpfung bewertet: Siehe, es war sehr gut. In der Bibelwissenschaft spricht man von der „Billigungsformel“ und vermutet, dass der Sitz im Leben dieser Formel die Qualitätskontrolle des Handwerkers nach getaner Arbeit ist. Das Wort, das im hebräischen Text steht, ist „tov“ – der erste Gebrauch des Wortes „gut“ in der Hebräischen Bibel.
Es steht dort nicht „perfekt“ – das Gute im Geschaffenen ist noch im Werden! Es ist kein perfekter Abschluss der Schöpfung, sondern der Verweis darauf, dass in der Schöpfung das Gute angelegt ist. Das Wort „tov“ bezeichnet in zweiter Bedeutung auch „schön und lieblich“. Gottes Schöpfung ist ein Gesamtkunstwerk. Gottes „gut“ ist keine „Eins mit Sternchen“ für Fleiß, auch kein Bravsein und auch keine Anerkennung von Leistung. Gottes „gut“ ist eine Verheißung; Boden und Basis für unser eigenes Handeln. Nicht wie die Welt geschaffen ist, sondern wozu.
Noch etwas empfiehlt uns Paulus in seinem ältesten Brief: Wach und nüchtern sollen wir sein in unserer Prüfung. Ein guter Rat, wenn wir heute uns und unser Verhalten prüfen. Und Paulus ermuntert uns auch, uns einzumischen, wo wir „Un-Gutes“ sehen: „Wir ermahnen euch, Brüder und Schwestern: Weist die zurecht, die ein unordentliches Leben führen, ermutigt die Ängstlichen, nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen! Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt.“
Und dann heißt es in der Einheitsübersetzung des Briefes: „Bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun.“ Luther hatte eine andere Übersetzung vorgeschlagen, und die finde ich passender für den Auftakt der Schöpfungszeit. Sie ist fordernder, atemloser und unermüdlicher: „Jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann.“ (eb)
Autorin: Eva Baillie
Eva Baillie ist Referentin für missio und für die Geschäftsstelle Weltkirche, Gerechtigkeit und Frieden im Bistum Mainz. Sie hat Theologie in Mainz, Freiburg und Glasgow studiert. Ihr akademischer Forschungsschwerpunkt liegt im interdisziplinären Bereich von Theologie und Narrativität.
Anschauen: Filmtipp
Filmemacher Erwin Wagenhofer sucht in seinem Film BUT BEAUTIFUL das Schöne und Gute und zeigt Menschen, die neue Wege beschreiten.
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