Dankbarkeit
Da sprach er: Wem gleicht das Reich Gottes, und womit soll ich’s vergleichen? Es gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und warf’s in seinen Garten; und es wuchs und wurde ein Baum, und die Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen.
Lk 13, 19, LU17
Die Senfkornstaude war schon im Alten Orient eine beeindruckende Pflanze: Trotz ihres ausgesprochen unscheinbaren, winzigen Samens schoss sie in gutem Boden bis zu drei Meter pro Jahr empor. In dem kleinen Senfkorn verbarg und verbirgt sich die gesamte Kraft und Dynamik der Schöpfung. Und das Wichtigste: All solches Wachstum verdankt sich nicht sich selbst. Es zeichnet sich vielmehr dadurch aus, nicht „machbar“ zu sein im Sinne „durch eigene Kraft oder strategische Klugheit herbeizuzwingen“. Es ist gegeben.
Und so ist es nicht nur mit dem wundervollen Wachsen und Werden in der Natur, sondern auch mit dem Glauben. Lassen wir uns darauf ein, werden wir dem Wort Jesu nach wie Gewächse, denen bewusst bleibt, dass sie die Gaben der Schöpfung weder durch eigene Leistung hervorbringen noch halten oder anhäufen können. Genau darin liegt aber etwas wahrhaft Erlösendes.
Das, was uns hier gegeben ist, können wir nicht in dem Modus erreichen, der uns in unserer Konsumgesellschaft fast vollständig umhüllt und unsere Vorstellungskraft regelrecht gefangen hält: dem Modus der menschlichen Allmacht, der „Machbarkeit“ des Lebens. Wir können das Wachsen des Senfkorns ebenso wenig erzwingen wie unseren Glauben oder die „Nistplätze Gottes“. Aber wir können diese Gaben demütig und dankbar empfangen.
Diese Dankbarkeit aber macht uns nicht abhängig und klein, sondern frei und groß. Frei von dem Streben nach weiterem Besitz, nach materiellen Gütern, nach Konsum. Frei auch vom Vergleichen und Konkurrieren, vom Kämpfen und Ringen, frei von kraftlosen, toten Werken. Dankbarkeit schafft Raum in uns, Raum um uns zu füllen mit Gedanken und Taten, die uns groß machen und andere aufblühen lassen. Denn wir leben alle aus dem uns Gegebenen. Und sind uns (darin) aufgegeben. Dankbarkeit, Freude und Hilfsbereitschaft sind „(Erstlings-)Früchte“ der Begegnung mit dem Evangelium. Echte Nachhaltigkeit kann entstehen, wo die eigene tiefe Freude sich trifft mit dem tiefen Verlangen der Welt. Die Früchte des Glaubens beginnen mit klitzekleinen Samenkörnern – am Ende aber können diese bis in den Himmel reichen.
Autor: Peter Schönhöffer
Peter Schönhöffer ist Absolvent des Aufbaustudiengangs „Theologie der Spiritualität“ an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster. Er arbeitet als Lehrer für katholische Religion, Politik & Wirtschaft, Ethik und Geschichte und lebt mit seiner Familie und zwei Kindern in Ingelheim am Rhein. Sein Engagement gilt der weltweiten gerechtigkeitsökumenischen Bewegung. Er ist Vorstandsmitglied von „Kairos Europa“, arbeitet im Kuratorium der Stiftung Ökumene mit und ist Mitherausgeber der „Plattform Theologie der Befreiung“.
4.10. Gedenktag Franz von Assisi
Ein kurzer Dokumentationsfilm von Schüler*nnen am Ratsgymnasium Wiedenbrück - entstanden im Religionsunterricht.